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das Torii (Tor), der Eingang des Chigo-jinja Schreins

Ungefähr 200 Meter nördlich des Henjo-ji Tempels, den ich im Kapitel 96 erwähnt habe, gibt es einen Teich, den Hirosawa-no-ike. Dieser künstliche Teich wurde im Jahr 989 vom Priester Kancho angelegt. Auch heute gehen viele Leute um den Teich herum, um den Mond, der sich im Teich spiegelt, zu bewundern. Auf dem südlichen Damm verläuft eine Allee mit Kirschbäumen, die in der Blütezeit das Auge der Spaziergänger erfreut. Obwohl die Gegend so friedlich ist, findet man trotzdem auf dem südwestlichen Ufer des Teiches einen Schrein, der wegen eines sehr traurigen Ereignisses gegründet wurde.

Der Schrein heißt „Chigo-jinja“ (Chigo Schrein). Chigo bedeutet erstens Säugling oder Kleinkind unter 6 Jahren. In der Heian Zeit (794-1185) ließ der Priester Kancho, ein Enkel des 59. Kaisers Uda, nicht nur den Henjo-ji Tempel, sondern auch den Hirosawa-no-ike Teich bauen. Mit seiner außerordentlichen Begabung für Musik trug er im Chor zur Vollendung der Sutrarezitation bei. Wegen seiner großen Beiträge in verschiedenen Bereichen wurde er vom Volke hochgeachtet und wurde schließlich zum ersten Hohepriester der Shingon Sekte ernannt. Auch in dieser verantwortungsvollen Position kümmerte er sich liebevol um Kinder. Speziell ein Kind folgte ihm auf Schritt und Tritt, weil es sehr an ihm hing.

Im Jahr 998 stieg Kancho von einer alten Kiefer am Berghang in Drachengestalt zum Himmel empor. Das bedeutet, dass er dort während einer asketischen Übung starb. Das Kind, das ihm gefolgt war, trauerte um den Tod seines Pflegevaters so sehr, dass es ihm schließlich folgte. Es warf sich in den Teich. Weil die Nachbarn mit diesem Kind (Chigo) Mitleid hatten, bauten sie einen kleinen Schrein am Ufer des Teiches, um die Seele des Chigos zu beruhigen.das Honden (Hauptgebäude) des Chigo-jinja Schreins

Man findet in der Einfriedigung einen Stein, der wie ein Stuhl geformt ist. Das ist der Stein, auf den das Kind sich setzte, während Kancho in den Bergen sitzend meditierte. Wenn man, nachdem man gebetet hat, auf diesem Steinstuhl sitzt, gehen alle Wünsche sicher in Erfüllung, besonders ein langes Leben, eine leichte Geburt oder einen guten Ehepartner zu finden.

Apropos, Chigo bedeutet zweitens Knaben zwischen 12 und 18, die in einem großen Tempel arbeiten. Es gab drei Stufen. Der Ober-chigo war ein Knabe aus einer kaiserlichen oder adligen Familie, der als Novize in einen Tempel geschickt wurde. Der Mittel-chigo war ein Knabe, der durch sein Talent als Wärter den Priestern diente. Der Unter-chigo war ein Knabe, der als Tröster an Priester verkauft wurde. Sie trugen Frauenkleider. Warum?

Damals befanden sich die Tempel der Shingon und Tendai Sekte in den Bergen und Frauen wurde der Zutritt verboten. In dieser rein männlichen Gesellschaft wurden die Knaben als weibliche Objekte betrachtet. Weil den Priestern streng vorboten wurde, mit Frauen eine intime Beziehung zu haben, richtete sich ihre ungeheuere Begierde almählich auf die Knaben, die im Tempel arbeiteten (ausgenommen der Ober-chigos).

Es sind viele interessante Geschichten überliefert. Eine ist, dasss zwei Priester eines kaiserlichen Tempels um einen schönen Knaben, der von einem Hurenhaus geschickt wurde, seine Arme in entgegengesetzte Richtungen ziehend, heftig gestritten haben. Eine andere ist, dass ein Priester mit 95 Knaben (Chigos) Beziehungen geknüpft, aber bei Gott geschworen hat, nie mehr als 100 zu lieben.

Wenn man nun an die erste Geschichte vom Selbstmord denkt, kann man sie so lesen, dass sich der Knabe (Unter-chigo) in den Teich warf, weil er seinen Beschützer verloren hatte. Die Nuance der Geschichte hat sich drastisch geändert, nicht wahr?

 der stuhlförmige Stein des Chigo-jinja Schreins

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