Da ich zwei Mal über die Tempel geschrieben habe, die den Namen eines Tieres tragen, den „Katzentempel“ und den „Affentempel“, wurde mein Interesse dafür größer, ob es in Kyoto sonst noch solche Tempel gibt. Ich habe nachgeforscht und einen Tempel gefunden, dessen formeller Name Kojaku-ji ist. Man nennt ihn jedoch vertraulich „Suzume-dera“ oder „Spatzentempel“.
Der Kojaku-ji Tempel befindet sich ungefähr 200 Meter südwestlich von der Kyotoseikadaimai Station der Eizan Densha Linie. Um den Tempel zu erreichen, der auf der anderen Seite eines kleinen Flusses steht, der zur Linie parallel fließt, muss man über eine Brücke gehen, die sich ein bisschen stromabwärts spannt.
Wenn man in die Einfriedigung eintritt, findet man in der Mitte einen Gedenkstein, an dessen Oberfläche die Schriftzeichen: „Suzume-zuka“ oder „Spatzen-Denkmal“ gehauen wurde. Man hat ihn errichtet, um die Seele Fujiwara-no-Sanetakas zu beruhigen, der sich in einen Spatzen verwandelte und starb. Wer ist Sanetaka? Was ist ihm denn passiert?
Sanetaka diente dem Kaiser Ichijo als Waka-dichter in der Heian Zeit (794-1185). Eines Tages hatte er mit einem seiner Kollegen, Fujiwara-no-Yukinari, Krach, weil Yukinari über Sanetaka in seiner Abwesenheit getratscht hatte.
Die Erregung Sanetakas wurde immer heftiger bis er zuletzt die Geduld verlor. Er schlug Yukinari mit dem Shaku seine Mütze vom Kopf. (Das Shaku ist ein längliches Brett, das ursprünglich als Schreibunterlage diente, aber damals von Adligen als Statussymbol getragen wurde). Im Kontrast zu Sanetaka ließ sich Yukinari nicht aus der Ruhe bringen und ließ einen Diener seine Mütze holen.
Das passierte im Palast ausgerechnet vor den Augen des Kaisers, der ihnen daraufhin jeweils den folgenden Befehl gab. Sanetaka wurde wegen des Unfugs nach Ouu (Ouu ist die jetzige Tohoku Gegend) strafversetzt. Yukinari wurde aufgrund seiner Gelassenheit als Oberhaupt der Verwaltung des Kaiserhauses ernannt.
Nach drei Jahren fiel Sanetaka vom Pferd, wurde darunter begraben und starb. Gewiss starb er, einen Groll gegen den Palast hegend und mit Sehnsucht nach dem Leben in Kyoto.
Nachdem seine Todesnachricht den Palast in Kyoto erreicht hatte, gab es ein rätselhaftes Phänomen. Jeden Morgen trat ein Spatz ins Esszimmer des Palastes ein, um den Reis aufzupicken.
Nach einiger Zeit erschien dieser Spatz im Traum eines Priesters des Kangaku-in Tempels (dem heutigen Kojaku-ji Tempel) und sagte: „Ich bin Fujiwara-no-Sanetaka. Ich bin in Ouu gestorben aber meine Seele hat sich in einen Spatzen verwandelt und ist hier nach Kyoto zurückgeflogen. Daher rezitieren Sie bitte für mich ein Sutra!“
Am nächsten Morgen fand der Priester im Garten des Tempels den Leichnam eines Spatzen. Er errichtete einen Gedenkstein und rezitierte ein Sutra davor. Obwohl der Name des Tempels von Kangaku-in in Kojaku-ji geändert wurde, steht das „Spatzen-mal“ immer noch in der Einfriedigung dieses „Spatzen-tempels“.