Fährt man mit dem Bus Nr.1 oder Nr.6 (Nord) nach Takagamine und steigt an der Genko-an-mae Haltestelle aus, findet man auf der östlichen Seite den Eingang des Josho-ji Tempels, den ich im Kapitel 94 erwähnt habe, und auf der westlichen Seite den des Genko-an Tempels. Er wurde von dem ersten Hohepriester des Zentempels Daitoku-ji in der Nanbokucho Zeit (1333-1392) als eine einfache Bleibe gegründet, um ein zurückgezogenes Leben zu führen.
Was man dort auf keinen Fall versäumen sollte, ist ein Paar Fenster zu besichtigen, das Satori-no-mado (Fenster der Erleuchtung) und das Mayoi-no-mado (Fenster des Zwiespaltes), die im Hauptgebäude eingebaut wurden. Das Erstere hat die Form eines Kreises von 150 cm Durchmesser. Dieser Zirkel repräsentiert das Universum, in dem besonders der Zustand der Selbstvergessenheit des Zens und die mütterliche Barmherzigkeit der Kwannon wichtig sind. Das Letztere hat die Form eines Quadrates von 150 cm Seitenlänge. Dieses Viereck repäsentiert die vier Leiden: das Leben, das Altern, die Krankheit und den Tod, die niemand auf dieser Welt vermeiden kann.
Man sitzt und versinkt in einem tiefen Gedanken, den hinteren Garten durch diese Fenster im Blick. Wenn man vom Garten zur Decke aufblickt, findet man dort die Chitenjo (blutbefleckte Decke). Warum benutzt man die blutbeflekten unheimlichen Bretter für die Decke dieses Tempels?
Im Jahr 1600 konfrontierte Ishida Mitsunari, ein Untertan Toyotomi Hideyoshis Torii Mototada, ein Untertan Tokugawa Ieyasus. Ieyasu, der nach dem Tod Hideyoshis die Initiative ergriff, um Japan zu erobern, brach von seiner Burg Fushimi-jo nach Aizu (die Tohoku Gegend) auf, um einen mächtigen Fürsten auf der Seite Hideyoshis anzugreifen. Wer die Burg Fushimi-jo hütete, war Mototada. Weil Ieyasu mit einer großen Anzahl Kriegern in die Ferne zog, mußte Mototada mit wenigen Truppen (1800 Samurais) die Festung halten und konnte auch keine Hilfstruppen erwarten. Mitsunari, der die günstige Gelegenheit ergriff, fing an, die Fushimi-jo Burg mit ausreichend Truppen (40.000 Samurais) anzugreifen. Obwohl Mototada dem Gegner zahlmäßig weit unterlegen war, konnte er zehn Tage lang aushalten, aber er mußte sich leider geschlagen geben.
Mototada beging zusammen mit seinen 1200 Gefolgsmännern rituellen Selbstmord (Harakiri) auf dem Fußboden der Fushimi-jo Burg, die sich abgeblich vollkommen blutrot färbte. Nach dem Krieg hat Ieyasu die blutbefleckten Dielenbretter in mehreren Tempeln in Kyoto als Deckenbretter verlegen lassen, um die Seelen seiner treuen Untertanen zu besänftigen.
Mitsunari, der Mototada und seine Truppen vernichtete, erscheint uns wie ein Bösewicht. Aber auch er war ein treuer Untertan Hideyoshis. Über die Begegnung der zwei wird die folgende Episode überliefert.
Mitsunari war ursprünglich ein Priesterlehrling vom Kwannon-ji Tempel in der Provinz Ohmi (die jetzige Shiga Präfektur). Eines Tages kam Hideyoshi dorthin, um auf die Falkenjagd zu gehen. Weil er wegen der Hitze Durst hatte, machte er bei dem Kwannon-ji Tempel eine Stippvisite und bat Mitsunari um eine Tasse Tee. In dem Moment, in dem Hideyoshi den Mitsunaris angebotenen Tee im Mund schmeckte, merkte er, dass der Tee lauwarm war. Der Tee war ein bisschen abgekühlt worden. Hideyoshi bat Mitsunari, nachdem er den Tee schnell getrunken hatte, um einen weiteren Tee. Der nächste Tee war wärmer als der erste. Hideyoshi, dessen Durst noch nicht gestillt war, bat um noch eine Tasse. Der dritte Tee war frisch aufgebrüht, so wie man ihn normalerweise einem wichtigen Gast anbietet. Hideyoshi sagte: „Mein Kompliment!“ und machte Mitsunari zu seinem Vasallen.
Der Grund dafür war, dass Mitsunari, der begriffen hatte, dass Hideyoshi wegen seines Durstes schnell und viel Tee in einem Zug trinken wollte, zuerst einen lauwarmen Tee angeboten hatte, und dann den Tee stufenweise wärmer und wärmer machte. Aber es war eine undenkbare Beleidigung, für die man enthauptet werden konnte, einem Machthaber einen lauwarmen Tee anzubieten. Mitsunari riskierte sein Leben, um die seltene Gelegenheit nicht zu verpassen, von Hideyoshi für seine Umsicht gewürdigt zu werden. Ich möchte nicht nur zu Mitsunari, sondern auch zu Hideyoshi sagen: „Mein Kompliment!“