Letztes Mal habe ich über den Schrein Mikami-jinja geschrieben, in dem Kummer ums Haar oder Haarwünsche gelöst oder erhört werden. Wenn man davon entlang den Pfad, der sich um den Fuß des Ogura Bergs windet, ungefähr 1,000 Meter nach Norden geht, findet man auf halber Höhe des Berges den bescheidenen Eingang zum Tempel Gioji und daneben den des Tempels Takiguchi-dera.
Der letztere hieß in der Heian Zeit (794-1185) Ojo-in und florierte als Trainingshalle für die Sutrarezitation. Aber er wurde in der Meiji Zeit (1868-1912) abgeschafft, wegen der Bewegung „Haibutsu-Kishaku“, die schon ich im Artikel 66 erwähnt habe. Als er in der Showa Zeit (1926-1989) wiederaufgebaut wurde, änderte man den Namen zu Takiguchi-dera. Also, woher stammt der Name Takiguchi?
Takiguchi ist der Name des Mannes Takiguchi-Nyudo, der in Frau Yokobue verliebt war. In der Heian Zeit, in der der Heiki Clan das Zepter führte, veranstaltete der damalige Machthaber Taira-no-Kiyomori eine Blütenschau in seiner Villa. Saito Tokiyori (später Takiguchi-Nyudo, Takiguchi ist der Name des Wachpostens, der im Norden des Palastes angelegt war) der als Wächter unter Kiyomoris Sohn arbeitete, war einer der 100 Teilnehmer.
Dabei tanzte Yokobue, ein Kammermädchen der Tochter von Kiyomori, zur Unterhaltung. Der Wächter Tokiyori war in Liebe für sie entbrannt, weil sie so schön war und so elegant getanzt hatte. Tokiyori, der ihre anmutige Erscheinung niemals vergessen konnte, schickte ihr unzählige leidenschaftliche Liebesbriefe. Obwohl viele Männer um Yokobue geworben haben, war sie wegen seiner unbeholfenen, aber zarten Briefe von ihm fasziniert.
Die zwei trafen sich zum Rendezvous. Tokiyori, der außer Yokobue niemand anderen heiraten wollte, bat seinen Vater um Verzeihung. Aber sein Vater missbilligte seine Heiratspläne mit ihr, weil sie von niedriger Herkunft war oder weil der Vater plante, durch die Heirat seines Sohns mit der mächtigen Fujiwara Familie Blutsbande knüpfen zu können.
Mit dieser absoluten Ablehnung kränkte ihn sein Vater tief. Tokiyori, der in Verzweiflung geraten war, entschloss sich, der Welt zu entsagen. Ohne es Yokobue mitzuteilen, trat er in den Ojo-in Orden ein, um von ihr loszukommen und nannte sich Takiguchi-Nyudo (Nyudo=Priester).
Yokobue, die das Gerücht, dass er Priester geworden war, gehört hatte, besuchte beinahe alle Tempel in Kyoto. Endlich hörte sie seine Stimme der Rezitation in der Abenddämmerung außerhalb des Tempels Ojo-in. Yokobue sagte am Eingang: „Ist der Herr Saito Tokiyori da? Ich bin gekommen, um ihm meinen ernsthaften Willen mitzuteilen.“
Ihre abgemagerte Gestalt, die Tokiyori durch eine Mauerritze gesehen hatte, erschütterte seine Entscheidung, aber er ließ einen seiner Kollegen sagen: „Unter uns gibt es keine solche Person!“ Weinend fing sie an, umzukehren. Aber sie wollte ihm ihren Willen irgendwie mitteilen. Also schnitt sie sich in ihren Finger, damit sie auf einem gefundenen Stein mit ihrem Blut ein Waka-Gedicht schreiben konnte, dessen Inhalt folgender war. : „Wenn Tokiyori Priester geworden ist, möchte ich auch Nonne werden und ihm ewig folgen!“
Diesen Stein kann man auch heute auf dem Weg zum Takiguchi-dera finden.
Danach trat Yokobue in den Nonnentempel Hokke-ji in Nara ein oder warf sich, einer anderen Sage nach, in den Fluss Oigawa. Takiguchi-Nyudo zog vom Tempel Ojo-in in den Tempel Kongobu-ji auf dem Berg Koyasan. Nachdem er die Nachricht ihres Todes gehört hatte, konzentrierte er sich immer mehr auf die Askese und wurde endlich Hohepriester.