Ungefähr 1,5 Kilometer südwestlich vom Tempel Jinko-in, in dem Ohtagaki Rengetsu ihren Lebensabend verbracht hat, befindet sich ein Tempel, der Josho-ji heißt, in dem eine andere berühmte Frau der japanischen Geschichte, Yoshino Tayu, begraben ist. Josho-ji ist einer der vielen Sehenswürdigkeiten im Bezirk Takagamine, den man mit dem Bus Nr.1 oder Nr.6 (Nord) leicht erreichen kann. Steigen Sie bitte an der Genkoan-mae Haltestelle aus.
Yoshino Tayu war eine Kurtisane eines Bordells im Freudenviertel, Shimabara in Kyoto in der frühen Edo Zeit. Sie ist dafür bekannt, dass sie nicht nur eine Tayu (hochrangige Kurtisane), sondern auch eine fromme Gläubige des Hokke (Lotos Sutra) Buddhismus war. Also was für ein Leben hat sie geführt?
Tokuko (die zukünftige Yoshino Tayu) wurde als Tochter eines Samurais in der Nähe des Tempels Hoko-ji im Jahr 1604 geboren. In ihrer Kindheit verlor sie ihren Vater. Sie wurde als Kamuro (kleines Mädchen in Ausbildung bei einer Prostituierten) zu einem Bordell in Shimabara gegeben. Damals war ein Bordell ein wichtiger Ort für gesellschaftlichen Umgang, in dem Adlige und Fürsten oder Schriftsteller und Teemeister verkehrten.
Dort übte eine Tayu die absolute Macht aus. Wenn sie „Nein“ sagte, konnte gar niemand in ihr Zimmer eintreten. Es war ein Statussymbol, mit ihr die Zeit verbringen zu können. Daher musste eine Tayu nicht nur außergewöhnlich schön, sondern auch vielseitig gebildet sein. Nachdem Tokuko unter strenger Zucht ihre Ausbildungszeit abgeschlossen hatte, wurde sie endlich im Alter von 14 Jahren Yoshino Tayu.
Auch wenn Yoshino Tayu eben aufgewacht war und noch einen Schlafanzug trug, war sie weit imposanter als die anderen, die festlich gekleidet waren. Darüber hinaus war sie sehr tüchtig in vielen Fächern. Zum Beispiel in der Waka-Disziplin, den Haiku-Gedichten, der Kalligrafie, Teezeremonie, im Ikebana (Blumenstecken), dem Koto spielen (japanische Harfe), der Biwa (Laute), Sho (Flöte), dem Go (einem Schachspiel) und dem Sugoroku (Würfelspiel).
Sie wurde als eine der drei besten Tayus in Japan hoch geschätzt. Ihr guter Ruf reichte bis nach China und sie erhielt von dort viele leidenschaftliche Liebesbriefe. Unter ihren Dauergästen gab es Prinzen des Kaisers, Samurais von hohem Rang und große Handelsherrn.
Einer, der sich in Yoshino Tayu ernsthaft verliebte, war ein reicher Kaufmann, Haiya Joeki. Als er versuchte, Yoshino Tayu von dem Bordell freizukaufen, erschien ein Adeliger, der ihm Kokurrenz machte. Um den Gegner zu überbieten, zahlte er letztendlich ungefähr 1300 Ryo (heutige etwa eine Million Euro). Aber seine Eltern erlaubten die Heirat ihres Sohnes mit der Prostituierten nicht. Also brannte Yoshino Tayu, die Haiya Joekis Liebe erwiderte, mit ihm durch und sie heirateten trotzdem förmlich, damals war Yoshino Tayu 26 Jahre alt. Danach lebten sie in Frieden und Eintracht bis sie jedoch an einer Krankheit mit 38 Jahren starb.
Sie wurde nach ihrem letzten Willen im Tempel Josho-ji begraben. Die gläubige Buddhistin, die den Gründer dieses Tempels Nikkan ihr ganzes Leben gewidmet hatte, konnte dank der Macht des Glaubens ihre schwierige Zeit überleben.
In der östlichen Tiefe der Einfriedigung, findet man das Grab Yoshino Tayus ganz in Zurückgezogenheit.